SPD Ldenscheid

Leserbrief zur Diskussion um den Brügger Bahnhof

(vom 21.04.2008 | Zurück)

Ich verstehe die ganze Aufregung um die Situation des Brügger Bahnhofs nicht. Dass man dieses Gebäude vernachlässigt hat über Jahre - und ich wundere mich, dass dieses Thema erst so heiß gekocht wird seit bekannt ist, dass die Kommunalwahl bereits im übernächsten Frühling stattfindet -, ist unbestritten. Man erkennt es, wenn man am alten Bahnhof vorbeigeht oder -fährt. Das Gebäude ist marode und die Kosten, das Gebäude wieder instand zu setzen, spiegeln nicht die geschichtliche Bedeutung des Gebäudes wieder. Der Abriss scheint meiner Meinung nach der einzig gangbare Weg zu sein, auch für das Bahnhofsgelände und für den Stadtteil Brügge neue Attraktivität zu gewinnen.

Gewiss: Denkmalschutz ist ein hohes Gut, gerade für städtische Kulturpolitik. Hier muss man jedoch abwägen, was man erhalten möchte: Wo waren denn die ganzen Kritiker in den Jahren, in denen sich der Zustand des Bahnhofsgebäudes rapide verschlechterte? Gute Denkmalschutzpolitik bedeutet auch, dass die geschützten Häuser und Grundstücke auch kulturell genutzt werden. Die jetzt aufkommenden Vorschläge kann man da durchaus auf einem Zettel unter "Wahlkampf" abhaken. Wenn ich Eisenbahngeschichte und -kultur erleben möchte, kann ich das in Herscheid oder via Volmetalbahn mit den historischen Zügen, die vom Hagener Hauptbahnhof zum Eisenbahnmuseum nach Bochum Dahlhausen fahren.

Das alte Bahnhofsgebäude nun zu restaurieren, um dort evtl. einen Veranstaltungsort zu errichten, widerspricht meiner Meinung nach dem primären Auftrag, der sich aus dem Denkmalschutz ergibt. Die Diskussion muss zukunftsorientiert geführt werden. Ich fahre fast jeden Tag mit der Volmetalbahn, auf der Hinfahrt meistens ab Brügge, und mir fällt dort auf Anhieb ein ganz anderes Gebäude auf, das schützenswert zu sein scheint. Das Reiterstellwerk am Brügger Bahnhof wird mittelfristig seinen Dienst aufgeben, weil die Arbeit der Fahrdienstleiter in den Stellwerken automatisiert und von einer großen Stellwerkseinheit gesteuert werden soll. Dieses elektromechanische Stellwerk muss unter Denkmalschutz stehen, bevor dort seitens der Deutschen Bahn die Abrissbirne angeordnet wrid. Wer von Halver aus nach Brügge kommt, bemerkt als erstes das Reiterstellwerk, das sinnbildlich das Stadttor Brügges darstellt. Dieses Gebäude ist ein Wahrzeichen des westlichen Lüdenscheider Stadtteils.

Man kann das Gefühl bekommen, dass die "bürgerlichen" politischen Parteien im Stadtrat und einzelne Lüdenscheider Kulturpolitik als etwas verstehen, das den Status Quo erhalten soll. Die Konsequenzen müssen andere kulturelle Einrichtungen wie die Stadtbücherei oder die Volkshochschule tragen. Für das Geld, das in die Restaurierung des Brügger Bahnhofsgebäudes gesteckt werden müsste, könnte man locker weitere VHS-Kurse anbieten und den Leihbestand in der Bücherei erhöhen. Für Bedürftige, Schülerinnen und Schüler, Azubis und Studierende die Beitragsfreiheit einführen. Das wäre zielführender. Kulturpolitik soll allen zu Gute kommen, gerade aber auch denen, die von Haus aus den Zugang zu Kultur aufgrund schwieriger Umstände erschwert bekommen.

Ãœbrigens: Da das Brügger Stellwerk noch in Betrieb ist, müsste man sich auch zunächst keine Sorgen um den baulichen Zustand des Gebäudes machen.

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