SPD Ldenscheid

"Raus aus Afghanistan?"

(vom 22.09.2009 | Zurück)

Lüdenscheid. Am Montagabend diskutierten SPD-Mitglieder und Interessierte über die aktuelle Situation in Afghanistan. Bundestagskandidatin Petra Crone lud eigens in die Lüdenscheider Schützenhalle ein, wo die Podiumsdiskussion mit einführenden Worten der Podiumsgäste begann. Generalmajor a.D. Dietrich Genschel referierte über die Situation der Soldaten im Krisenherd, die BGL-Lehrer Dr. Arnhild und Rolf Scholten über ihre eigenen Erfahrungen in Afghanistan, wo sie sich für eine Mädchenschule in Estalef engagieren.

Genschel leitete seine Worte mit der Frage ein: "Wer will raus aus Afghanistan?" Ein paar vereinzelte Hände der rund 70 Anwesenden gingen hoch - auch Genschel ist für einen Abzug aus Afghanistan. "Nur wann?", fragte er das Publikum. Genschel, der in seiner Militärzeit auch im NATO-Hauptquartier in Brüssel tätig war, kritisierte den amtierenden Verteidigungsminister Jung scharf: "Dieses Herumlavieren, ob wir uns im Krieg befänden oder nicht, bringt uns nicht weiter. Fakt ist: Deutsche Soldaten werden in Afghanistan angegriffen und deutsche Soldaten schießen dann auch zurück. Das hat eine ganz neue Qualität, die man mit vorherigen Einsätzen nicht vergleichen kann." Gerade deswegen, so Genschel, müsse die Bundeswehr anders ausgerüstet werden. Die dort eingesetzten Panzer seien für das schwere Gelände nicht geeignet, weswegen die Bundeswehr im Gebirge Probleme habe, sich gegen die Taliban durchzusetzen.

Im Einklang mit Genschel standen Dr. Arnhild und Rolf Scholten. Sie berichteten über ihre Erfahrungen aus Afghanistan, das sie schon mehrfach besuchten. Dr. Scholten sah die Frauen als Garant für den Aufstieg Afghanistans. "Wenn es in den afghanischen Familien Personen gibt, die lesen und schreiben können, sind es in der Regel die jungen Frauen. Nur über die Frauen können wir dort in Afghanistan was erreichen und eine friedliche Mentalität verbreiten", stellte sie fest, "die Emanzipation in Afghanistan baut sich von unten auf." Gerade deswegen sei es notwendig, dass sich Deutschland weiterhin in Afghanistan beteilige. "Wenn wir uns dort zurückziehen, gehen sämtliche Errungenschaften wie bessere Bildung, Besserstellung der Frauen und andere verloren", pflichtete Rolf Scholten bei.

Einig waren sich die Diskutanten darüber, dass man das deutsche Staatssystem nicht eins zu eins auf die afghanischen Verhältnisse transformieren könne. Dr. Scholten bezeichnete die Zustände in Afghanistan als "teilweise mitteralterlich", immer noch seien Stammeskonflikte zu verzeichnen. Dennoch müsse der Westen beim Staatsaufbau helfen: Juristen und Polizisten seien zum Beispiel gefragt, um den Afghanen Sicherheit zu geben. Hier käme, so Generalmajor Genschel, die Bundesrepublik nicht ihren Pflichten nach. "Es ist skandalös, dass die Bundesrepublik 50 Prozent der ausbildenden Polizeikräfte zusagt und dann hinterher nicht 50 Prozent nach Afghanistan schickt", so Genschel. Bayern und Baden-Württemberg würden keine Polizeikräfte nach Afghanistan entsenden, Bundesinnenminister Schäuble weigere sich, die Bundespolizei stärker für die Polizeiausbildung in Afghanistan einzusetzen.

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