SPD Ldenscheid

Unfassbar, was in Lüdenscheid abgeht

(vom 14.12.2004 | Zurück)

Die Wut wird immer größer, wenn man sieht, dass die Bemühungen, etwas gegen das rechtsradikale Lager zu machen, von anderen nicht wahrgenommen werden. Wenn nun - so entnehme ich es der Berichterstattung zur letzten Ratssitzung am Montag - weiterhin "keine neuen Erkenntnisse" bei Herrn Theissen und dem Ordnungsamt vorliegen, dann sollte man sich fragen, was hier denn eigentlich los ist. Ich war im letzten Jahr bei Herrn Theissen und habe mit ihm, Frau von Schaewen vom Ordnungsamt sowie Herrn Griesing von der Polizei über das Problem hier gesprochen.

Seit diesem Termin ist nichts besser geworden, im Gegenteil. Und dann noch zu sagen, dass der Zustand, es gebe keine rechte Szene in Lüdenscheid, sich nicht verändert habe, dies ist nicht zu erklären. Ich habe meine Erkenntnisse zu diesem Thema wiedergegeben. Ich habe Prügeleien und Raufereien mit Rechtsradikalen miterlebt. Vor kurzem haben wir als Jusos unseren Stand abbrechen müssen, weil wir von Neonazis bedroht wurden. Die einzige Person, die die Polizei abführte - die anderen Leute flüchteten -, war den Polizisten bereits beim Namen bekannt. Es läuft etwas falsch in einer Stadt, wenn eine politische Jugendorganisation keinen Informationsstand veranstalten kann, weil man bedroht wird. Es ist eine Beleidigung gegenüber den Personen, die bereits Opfer der rechten Szene wurden, wenn diese Gefahr hier nicht anerkannt, sondern verschwiegen wird. Dies sollten sich die Herren, die diese Urteile fällen, auch einmal überlegen.

Und wenn es keine solche Szene geben sollte: Wie kann es dann sein, dass diese Leute binnen 15 Minuten 30 gleichgesinnte für eine Konfrontation mobilisieren können? Es gibt dort eine Struktur, und die ist auch bei der NPD zu finden. Die Sternplatz-Neonazis wurden nicht nur bei den Anti-Hartz IV Demos der AfL im Wahlkampf hinter den NPD-Transparenten gesehen. Selbst Neunt- und Zehntklässler meiner Schule sind mit Leuten wie dem NPD-Landesvorsitzenden Stephan Haase öfter in der Stadt gesehen worden - auch von mir. Die wieder weg gemachten Nazi-Schmierereien in der Sauerfeld-Unterführung und am Multistore zeigten, dass hier Leute dieses Gedankengut verbreiten. SS-Runen und Sprüche wie "Blut und Ehre" direkt in der Innenstadt auf einer großen Wand - das ist die moderne Innenstadtpolitik.

Man hat abends Angst, durch die Stadt zu gehen, weil man befürchtet, dass man auf dem Heimweg auf der Knapper Straße abgefangen wird. Die Innenstadt ist dunkel, die Neonazis stehen mit zwanzig Leuten an der Eisbahn und schreien Parolen gegen Juden und Ausländer. Das ist die moderne Innenstadtpolitik. Einige Kommunalpolitiker sagen, dass sie mit diesen Leuten bisher keine Probleme hatten und deswegen sei dort kein Handlungsbedarf. Da ist dann die Frage, von wem die gewählt wurden.

Die neue Stadtstreife war da und hat uns verboten, eine genehmigte Bodenzeitung im Wahlkampf auszulegen. Sie war aber nicht da, als wir von mehreren Neonazis am 4.12. bedroht wurden. Kein Mensch der Welt darf sich wegen seiner Gesinnung mehr denunzieren lassen - trotzdem passiert es hier in Lüdenscheid.

Was bringen weitere Gespräche mit der Verwaltung, wenn die nichts gemacht hat in den letzten 6 Monaten? Was bringt es, auf eine Stadtstreife zu warten, die abends nicht in der Stadt aufzufinden ist? Es bringt nichts, etwas schön zu reden, wenn etwas nicht funktioniert. Hier muss sich etwas ändern. Dieses erneute GEsprächsangebot hilft nicht, es ist blinder Aktionismus.

Die Stadt Lüdenscheid muss eingestehen, dass es ein Problem mit Neonazis gibt. Das ist das Mindeste. Die Gesamtschule trägt den Titel "Schule ohne Rassismus", trotzdem gibt es immer wieder Schüler, die ihre ausländerfeindliche Meinung dort kund tun - sei es im Internet oder gegenüber Mitschülern. Die SV, die Lehrer und die Eltern kämpfen trotzdem entschlossen dagegen und übersehen dieses Problem nicht. An anderen Schulen in Lüdenscheid geschieht dies sicherlich genauso.

In Lüdenscheid, der Stadt "mit Toleranz und Zivilcourage" gibt es aber leider kein entschlossenes Vorgehen und man übersieht dieses Problem, weil die meisten Neonazis in Lüdenscheid eben Jugendliche sind, die Erwachsene seltener anpöbeln als Gleichaltrige. Aber ein Stadtpolitiker muss für alle Lüdenscheider da sein. Wenn die Fehler der Verwaltung unter Friedrich-Karl Schmidt wiederholt werden, dann wird man sich nicht wundern, dass man demnächst lieber unerlaubt Selbstjustiz betreibt als auf öffentliche Hilfe zu hoffen. Das Problem ist kurz vor der Eskalation. Oder besteht erst ein Problem, wenn ein paar Leute schon fast tot im Krankenhaus liegen?

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